Musik, Wissen und Ruhe bei Lingener Nacht der Kirchen

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Musik auf dem Marktplatz: Georgie’s Groove Orchestra. Foto: Johannes Franke

to/jf Von weither sind am Samstagabend die Glocken der Kirchen in der Innenstadt Lingens zu hören gewesen. Sie luden ein, die Lange Nacht der Kirchen mitzufeiern. Der Ruf wurde gehört. Immer mehr Menschen strömten im Laufe des Abends in die Kirchen, das Emslandmuseum und den Gedenkort Jüdische Schule, wo sie ein vielfältiges kulturelles Programm erwartete.

Kirche einmal anders erleben, darum geht es bei der Langen Nacht der Kirchen, die alle christlichen Gemeinden der Innenstadt und das Forum Juden Christen in Zusammenarbeit mit der Stadt Lingen zum fünften Mal veranstalteten. Vieles war anders an diesem herrlichen Sommerabend, der wie geschaffen dafür war, um von Ort zu Ort zu schlendern, unterwegs Freunden und Bekannten zu begegnen und einen kurzen Plausch zu halten oder auf dem Marktplatz etwas zu essen und zu trinken und das musikalische Bühnenprogramm zu genießen. Für die meisten war die Lange Nacht der Kirchen schon eine lieb gewordene Tradition. Einige waren bewusst wegen bestimmter Angebote gekommen, viele ließen sich aber überraschen.

Stündlich wechselndes Programm

Die Veranstalter hatten ein vielfältiges Programm zusammengestellt, das jede Stunde wechselte. Da es zwischen den Lesungen, Konzerten, Filmvorführungen unter anderem immer eine Viertelstunde Pause gab, blieb genug Zeit, um an einen anderen Ort zu wechseln, ohne etwas zu verpassen. Dennoch fiel die Entscheidung den Besuchern nicht immer leicht, ob sie in die Kirche St. Bonifatius gehen, um sich das Chor- und Orgelkonzert mit Kirchenmusikdirektor Joachim Diedrichs und dem Chor St. Bonifatius anzuhören, lieber die Konzertlesung mit dem Jesus-Heart-Chor Handrup und der Autorin Hannelore Bares aus Trier in der Reformierten Kirche besuchen oder den Texten der „Preacher Slammer“ in der Kreuzkirche lauschen sollten. Einige Programmpunkte wurden zwei Mal angeboten, das machte es leichter.

Türen überall offen

Diejenigen, die kein Angebot verpassen wollten, nutzten den offenen Charakter der Veranstaltung, um überall kurz hineinzuschnuppern. Zwar sah das Konzept vor, dass sich die Besucher intensiv auf ein Angebot einließen, aber wer mehr mitbekommen wollte oder sich nicht ganz angesprochen fühlte, konnte problemlos den jeweiligen Ort mitten in der Veranstaltung verlassen und zu einem anderen wechseln, ohne die anderen Besucher zu stören. Die Türen standen überall offen, und es war auch möglich, kurz im Eingang stehen zu bleiben, um bald weiter zu gehen.

Vom Plattdeutsch bis zum Gospel

Man konnte das ganze Kabarettprogramm mit dem „Kleinen Kirchenfreund“ Norbert Hammermeister in St. Bonifatius verfolgen, man konnte aber auch nach zehn Minuten zur Kreuzkirche wechseln, dort einigen plattdeutschen Texten zu den sieben leiblichen Werken der Barmherzigkeit und einem Lied der Gruppe Musaique lauschen und dann zur reformierten Kirche gehen, um noch einige mitreißende Gospelsongs des ökumenischen Gospelchors Moving Spirit mitzubekommen.

Musik auch auf dem Marktplatz

„Wir öffnen unsere Türen und wollen sie lange aufhalten an diesem Abend zur 5. Langen Nacht der Kirchen“, begrüßten Pastorin Verena Hoff-Nordbeck von der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde und Pfarrer Hartmut Sinnigen von der St. Josef-Kirchengemeinde Laxten die zahlreichen Besucher auf dem Marktplatz. Dort gab es auch weltliche Musik zu genießen: Georgie’s Groove Orchestra oder der Big Band Baccum und der fantastischen Sängerin Maren Winkler zuhören.

Ein Schatz aus mehr als 500 Büchern

Das Emslandmuseum präsentiert eine sehenswerte Auswahl theologischer und weltlicher Werke aus dem Archiv der St. Bonifatius-Gemeinde. Wertvoll sind die Exponate, noch kostbarere Unikate liegen in Glasvitrinen. Die in lateinischer, hebräischer, niederländischer oder deutscher Sprache verfassten Werke sind teilweise über 500 Jahre alt. Ob klein und handlich oder schwer und überdimensional. Inhaltliche Schwergewichte sind sie allemal. Zu allen Exponaten gibt es ausführliche Informationen zum Verfasser, Hinweise zu sonstigen Personen, zum Verlag und Druckort. Andreas Eiynck und Heinz Buss haben aus mehr als 500 Werken einen Schatz gehoben.

Religions-philosophische Informationen

Eine „Bibelstunde“ gab es in der jüdischen Schule. Johannes Wiemker erklärte die hebräische Bibel, zeigte inhaltliche und formale Unterschied zur christlichen Bibel auf. Über das meist verkaufte Buch der Welt, aber am wenigsten gelesene vermittelte er Kontext gebundene religions-philosophische Informationen. Aloys Lögering vom Verein Judentum begreifen erläuterte die Thora, ging auf die Gebote, Weisungen, Belehrungen im Vergleich mit der christlichen Bibel näher ein.

Ruhe beim Gebet oder Konzert

Zum Abschluss konnten die Besucher zur Ruhe kommen, entweder bei einem Taizé-Gebet in der reformierten Kirche oder beim Orgelkonzert in der Kreuzkirche, wo Kantor Peter Müller Werke von Jubiläumskomponisten 2016 spielte: Samuel Wesley (250. Geburtstag), Giovanni Battista Pescetti (250. Todestag) und Charles Wood (150. Geburtstag).

http://www.noz.de/lokales/lingen/artikel/765836/musik-wissen-und-ruhe-bei-lingener-nacht-der-kirchen; 28.08.2016