Ein Bischof fast zum „Anfassen“

Ralf Meister von der evangelisch-lutherischen Landeskirche diskutiert mit Lingener Gymnasiasten

von Carsten van Bevern

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Nachwuchssorgen, seine Haltung zur Homosexualität, sein Glaube bis zu seinem Gehalt als Bischof der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover: Ralf Meister hat sich am Freitag in Lingen viel Zeit genommen, um am Georgianum alle Fragen der Schüler zu beantworten.

2011 hat noch der damalige Leiter vom Georgianum, Heinz Buss, den Bischof der mit rund 2,8 Millionen Mitgliedern landesweit größten evangelisch-lutherischen Landeskirche eingeladen. Jetzt hat es geklappt: Ralf Meister hatte sich einen kompletten Vormittag für seinen ersten Besuch in Lingen Zeit genommen. Und die Fragen vor allem der jüngeren und insgesamt gut vorbereiteten Schüler hätten auch für einen ganzen Tag gereicht.

Mit Motorrad ins Stadion

Thema Nachwuchssorgen: Um junge Menschen für die Kirche zu gewinnen, reicht ein guter Facebook-Auftritt Meister zu Folge nicht aus. „Dauerhafte Beziehungen wie zur Kirche entstehen häufig erst von Angesicht zu Angesicht.“ So habe ein lange krankes Mädchen einmal in einem Jugendgottesdienst allen für ihre Genesungswünsche gedankt. „Aber vor allem ihrer Freundin Franziska, die sie in der Klinik besucht hat. Das hat mich beeindruckt.“ Vieles müsse aber auch von den Jugendlichen selber kommen. „Ich fand Gottesdienste früher auch eher langweilig. Dann haben wir uns mit einigen Jugendlichen zusammengetan und selber Jugendgottesdienste angeboten. Für solche Dinge stellen wir als Kirche gerne Räume und Ressourcen zur Verfügung.“

Seine Haltung zur Homosexualität? „Jede vertrauensvolle Gemeinschaft von zwei Menschen steht unter dem Schutz Gottes. Für diese Haltung habe ich aber schon viele böse Briefe bekommen.“

Und sein Glaube? „Ich bin in einer wenig religiösen Familie aufgewachsen. Es gab aber immer ein kurzes Mittags- und ein Abendgebet. Dadurch bin ich nicht gläubig geworden, dies hat mir aber die Wichtigkeit von Ritualen verdeutlicht.“ Zudem habe das bei den Pfadfindern bei Lagerfeuern, bei Andachten und beim Singen erlebte Gemeinschaftsgefühl seine Entscheidung für den Pastorenberuf gestärkt. „Glaube ist für mich die Begegnung mit Gott im Gebet. Zweitens das Gemeinschaftsgefühl in einer Gemeinde und das Dasein für andere, die Diakonie.“ Und er glaube an eine letzte Gerechtigkeit vor Gott. „Ohne diesen Glauben könnte ich vor dem Hintergrund der furchtbaren Geschehnisse in Syrien, vor Folterei und Mord auf dieser Welt auch manches Mal kaum leben“, betonte Meister, der sich in seiner Freizeit gelegentlich einmal ein Motorrad leiht, etwas mit der Familie unternimmt oder ins Stadion zu Hannover 96 geht.

Bleibt vor dem Hintergrund der laufenden Diskussionen über das Vermögen der Kirchen in Deutschland noch die Frage nach dem Gehalt: Nach B8 besoldet erhält der Landesbischof rund 9000 Euro im Monat. „Netto verbleiben immer noch über 5000 Euro, das ist viel Geld. Ich sehe das aber auch als Verpflichtung und bin Mitglied in sehr vielen Fördervereinen. Als Familie leben wir ganz normal. Das merke ich zum Beispiel beim Familienurlaub, wenn meine Tochter gerne ins Hotel möchte – wir aber in eine Jugendherberge gehen.“

Lingener Tagespost vom 08.02.2014 

20 evangelische Landeskirchen


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 20 lutherische, reformierte und unierte Landeskirchen gibt es in Deutschland – sie bilden seit 1945 die Gemeinschaft der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Ende 2011 waren 23,620 Millionen Menschen oder 28,9 Prozent der Gesamtbevölkerung Deutschlands Mitglied der evangelischen Kirche – das waren zu diesem Zeitpunkt rund 800000 Gläubige weniger als in der römisch-katholischen Kirche in Deutschland.

Ralf Meister studierte Theologie und Judaistik in Hamburg und Jerusalem, 2001 wurde er Propst in Lübeck und 2007 Generalsuperintendent des Sprengels Berlin. 2001 wurde er zugleich zu einem Sprecher des Wortes zum Sonntag in der ARD bestimmt. Ende 2010 ist er als Nachfolger von Margot Käßmann zum Bischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers gewählt worden – diese ist die größte evangelische Kirche in Niedersachsen mit rund 2,8 Millionen Mitgliedern. Zum Vergleich: Im katholischen Bistum Osnabrück leben rund 570000 Gläubige.

Von den rund 7,7 Millionen Niedersachsen sind 50,5 Prozent evangelisch und 18,1 Prozent katholisch – im Landkreis Emsland hingegen sind 68,7 der Bürger katholische und 17,7 Prozent evangelische Christen (Stand: 2011). (EKD, Wiki, vb)

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Lingener Tagespost vom 08.02.2014