Anlässlich des 75. Jubiläums unserer Verfassung fand im letzten Jahr zum ersten Mal in Kooperation mit der JVA und dem Amtsgericht in Lingen die „Woche der Gerechtigkeit“ statt. Im Rahmen dieser Veranstaltung wurden uns als Schüler der Politik-Wirtschaft Leistungskurse auch in diesem Jahr zahlreiche spannende Einblicke hinter die Mauern des Gefängnisses sowie in die Räumlichkeiten des Amtsgerichts ermöglicht.

Zum Auftakt dieser ereignisreichen Woche besuchte uns Meik Portmann, der Leiter der JVA Lingen, und vermittelte uns umfangreiche Eindrücke von seinem beruflichen Alltag. Wir konnten viel über seinen Werdegang erfahren und uns darüber hinaus ein umfassendes Bild von den historischen Hintergründen der Institutionen machen. So wurden uns die Anfänge und die Entwicklungsprozesse dieser beiden Einrichtungen im Zusammenhang, mit dem Inkrafttreten treten unserer Verfassung veranschaulicht.

Tags darauf wurden wir von Meik Portmann empfangen und hatten die Gelegenheit, hinter die Mauern des Lingener Gefängnisses zu blicken. Vor Ort konnten wir tieferes Verständnis über die Verwahrung und die Arbeit mit den Gefangenen erlangen. Besonders beeindruckend war es zu sehen, wie aufwändig und komplex die Organisation ist, ebenso wie die Weitläufigkeit des Geländes. Keiner von uns hatte erwartet, dass bis zu 773 Häftlinge in diesen Räumlichkeiten Platz finden. Dementsprechend überraschte uns der damit einhergehende hohe Personalaufwand.

Zum Abschluss dieser lehrreichen Tage erwartete uns eine fesselnde Gerichtsverhandlung, die für die meisten Schüler eine erstmalige Erfahrung war. Im Raum stand eine Anklage wegen Betruges, der Angeklagte geriet bereits zuvor mit seinem Unternehmen in eine prekäre finanzielle Schieflage. Vor allem die formelle, atmosphärische Stimmung hinterließ einen prägenden Eindruck bei uns. Dieser Prozess der Rechtsprechung und das direkte Gespräch mit der Richterin und dem Staatsanwalt war insbesondere bezüglich der eigenen beruflichen Orientierung sehr aufschlussreich. Als vollständig ausgebildete Juristen konnte sie unsere Fragen rund um das Jurastudium beantworten und das breite Spektrum an Karrieremöglichkeiten aufzeigen, das uns nach dem Bestehen des Staatsexamens erwarten würde.
Projekte dieser Art sind von großer Bedeutung, da sie bisher verborgene Karrierewege offenlegen und uns Schülern ein besseres Verständnis für Rechtssystem und Gesellschaft vermitteln. Wertvoll war vor allen Dingen dabei die Verbindung der bereits bekannten theoretischen Inhalte aus dem Unterricht, mit den konkreten Einblicken in die Praxis. Nach dieser in vielerlei Hinsicht erkenntnisbringenden Zeit möchten wir uns deshalb herzlich bedanken. Besonders angesichts der aufgebrachten Mühe und des Engagements seitens der JVA und des Amtsgerichts in Lingen.
Text: Heidi Erdmann, Fotos: Sebastian Zermann, JVA Lingen, Stefan Roters.