Gute Fahrt, Andrej, – und auf ein glückliches Wiedersehen!

Ein unbedarfter Spaziergänger im Schlepptau seines Hundes hätte sich am vergangenen Samstagmorgen (5. März 2022) in kalter Früh durchaus wundern müssen, dass hinter dem Mensagebäude unserer Schule, auf dem Parkplatz, ein Lastkraftwagen stand: groß, geräumig und leer, mit langem Auflieger und mit ukrainischem Kennzeichen. Hier hätte er auch auf den Fahrer treffen können, auf Andrej, der am nächsten Tag wahrscheinlich die Fahrt seines Lebens antreten musste – nämlich nach Ostrog, in den Westen der Ukraine, wo sich ein Verteilzentrum für Spenden und Hilfsgüter befindet.

Nicht nur Andrejs Truck übernahm am Sonntag die Verteilung der Spenden, sondern auch der blaue Lkw der Spedition Oeldig.

Dass dieser Transport so bitter nötig werden würde, hätten – wie Andrej sicherlich auch – viele an unserer Schule bis vorvergangenem Donnerstag nicht gedacht. Denn es ist wieder Krieg in Europa, und wieder bricht sich dieses Monstrum mit Macht in die bis dato gelebten, geplanten und erträumten Lebensläufe so vieler Menschen. Denn wie schon im 20. Jahrhundert, gerade 81 Jahre her, zeigt sich schon nach wenigen Tagen das, was dieser geplante und unprovozierte Überfall Russlands auf die Ukraine im Kern ist – ein Angriffskrieg gegen einen Nachbarn, aber vor allem eine humanitäre Katastrophe für die Zivilbevölkerung, der durch Raketen, Granaten und Kugeln tagtäglich die eigene Macht- und Hilfslosigkeit vor Augen geführt wird.

Nicht erst seit der Flüchtlingskrise 2015 wird auch uns immer deutlicher vor Augen geführt, dass Schule nicht losgelöst von dem sein kann, was gesellschaftlich oder politisch geschieht. Das hat in den vielen sozialen Projekten der letzten Jahre an unserer Schule dazu geführt, die Betroffenheit über das Schicksal anderer in eine eigene, konkrete Hilfsbereitschaft zu überführen. Sie fand am vergangenen Wochenende einen neuerlichen und eindrucksvollen Beweis in der bis heute einmaligen, größten und umfangreichsten Aktion an unserer Schule, der Spendenaktion „Soforthilfe für die Ukraine“. 

Eine Wand aus Kartons zum Abpacken der Spenden war vor Beginn der Aktion in der Mensa errichtet worden.

Zunächst angedacht als Sammlung im privaten Umfeld, setzte die Planung dieser Aktion am vergangenen Montag (28. Februar 2022) sich in Gang. Innerhalb von drei Tagen gelang es dem Kernteam um Herrn Zermann, Frau Reinefeld, Frau Friebert, Frau Schlagge, Frau Oeldig und Herrn Greiwe in engem Verbund mit dem Schulassistenten, Herrn Albers, sowie dem gesamten Hausmeisterteam eine organisatorische Meisterleistung – nämlich aus dem Nichts die Öffentlichkeitsarbeit zu bewältigen, die Abläufe am Spendentag zu planen sowie die Weiterleitung der Spenden zu organisieren. Tatkräftig unterstützt wurden die Initiatoren und Organisatoren am Aktionstag von den „Helping hearts“ (Frau Dr. Rolfes), der Schülervertretung (Frau Lühle, Frau Bach) und den Mitgliedern der Aktion „Georgianer gegen Hass“ (Frau Reinefeld) sowie weiteren Freiwilligen aus allen Jahrgängen.

Der Tag begann mit einem Briefing, das Frau Reinefeld und Herr Zermann durchführten.
Die erste Schicht des Tages stand bereit und wurde so über die letzten Regeln informiert.
Kurz vor dem Start der Annahme bespricht Frau Oeldig im Team „Übriges“ die wesentlichen Punkte.
Die Eingänge der Mensa wurden als Abgabestellen vorbereitet.
Draußen wurden die Spenden angenommen – wie hier beim Team „Kleidung/Lebensmittel“.
In der Mensa selber öffneten die Helfer jedes Paket und ermittelten dessen Inhalt.
Auf langen Tischen in der Mensa wurden die angenommenen Pakete dann ausgepackt, im Weiteren ,sortenrein‘ verpackt, um dann auf Paletten gestapelt zu werden..
Das führte schon mal zu Diskussion über die richtige Einsortierung.
Gerade für das Team „Medizin“ war es wichtig, neben der Sortierung auch auf das Ablaufdatum der medizinischen Produkte zu achten.
Nicht alles konnte passgenau vorbereitet werden, improvisieren gelang dann mit einer kurzen Absprache im Team.
Zeitweise glich die Mensa einem Lager eines Paketversands.

Die gute und intensive Vorbereitung – getragen durch die hohe Motivation der Schüler:innen – bereitete das vor, was dann am vergangenen Samstag sich immer mal wieder am Georgianum zeigt: Schule mitten im Leben! 

Die Menschen mit der größten Kompetenz in Sachen Logistik (v.l.): Schulassistent Herr Albers und Herr Sobala, der zusammen mit seiner Frau Eckpfeiler der Organisation war.
Frau Reinefeld in einem kurzen klärenden Gespräch mit den Helfern.

Das ließ sich dann besonders am Ergebnis dieser wichtigen Aktion ablesen: Unmengen an Hilfsgütern wie Medizinprodukte, feste Arbeitskleidung oder Windeln wurden gespendet und gesammelt, die dann insgesamt zwei 40-Tonner, drei 7,5-Tonner und einen Bulli mit Anhänger füllten. 

Einen Teil dieser Güter wurde dann am Folgetag in Lingen zwischengelagert oder nach Bielefeld gebracht – zum Kooperationspartner der Aktion der „Deutsch-Ukrainischen Gesellschaft Bielefeld e.V.“.

Frau und Herr Zermann, Mit-Organisatoren der Spendenaktion, im Gespräch mit Andrej (m.)

Seinen 40-Tonner aber steuerte Andrej am gleichen Tag in Richtung Ukraine. Bis zu drei Tage wird er für die 1535 Kilometer benötigen – auf seiner Fahrt ohne Rückkehr. Denn er wird sicherlich in der Ukraine bleiben müssen. Die Schulgemeinschaft wünscht ihm von Herzen: Gute Fahrt, Andrej, – und auf ein glückliches Wiedersehen!

Text und Fotos: Stefan Roters. 

Impressionen der Ukraine-Spendenaktion in einem Film von Maximilian Zaksek

Video: Maximilian Zaksek