Informationsbrief der Schulelternratsvorsitzenden

Sehr geehrte Eltern der Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Georgianum,

wir hatten Ihnen zugesagt, heute weitere Informationen zur Unterbringung von Flüchtlingen im Sportkomplex und der Mensa unserer Schule zu geben, was wir hiermit auch gerne tun. Gerade auch, da wir wissen, dass hier wichtige Informationen für uns bislang nicht zugänglich waren, ist es uns ein besonderes Anliegen, Sie mit allen verfügbaren Informationen zu diesem Thema versorgen zu können.

Heute Vormittag (Fr., 16.10.2015) fand eine Informationsrunde in der Schule statt, an der neben Ver-tretern des Landkreises Emsland auch wir, die Vorsitzenden des Schulelternrates, Schülersprecherin, Schulleitung, Personalrat, Leiter der Sportfachgruppe sowie Schulassistent und Hausmeister anwesend waren.

Zuallererst wurde der bisherige Verlauf chronologisch vorgestellt und dann anschließend viele offene Fragen diskutiert und die weiteren Vorgehensweisen erarbeitet. Im Folgenden wollen wir ihnen den Verlauf zusammenfassen:

Bisheriger Ablauf beim Landkreis Emsland: 

Der Landkreis hat am Mi., 14.10.2015 um 18.30 Uhr eine Mail des Innenministeriums des Landes Niedersachsen erhalten, in dem die Zuweisung von 600 Flüchtlingen für den LK EL angekündigt wurde. Dies geschieht im Rahmen der Amtshilfe und soll einen Zeitraum von vorerst 4 Wochen betreffen. Die Flüchtlinge kommen direkt von der österreich-ungarischen Grenze mit Zügen nach Hannover und von dort mit Bussen ins Emsland (Herkunft, Geschlecht, Alter unbekannt). Sie werden ab Fr., 16.10.2015 10 Uhr hier im Emsland (EL) ankommen. Sie kommen außerhalb der sonstigen Zuweisungsquoten der Städte und Kommunen, dies dient der Entlastung der bisherigen Erstaufnahmelager (wie z.B. Bramsche/Hesepe).

An Mittwoch wurden beim LK alle relevanten Stellen benachrichtigt und man hat Möglichkeiten zusammengetragen diese Flüchtlinge gut unterzubringen. Die Standorte sollen die Flüchtlinge empfangen und versorgen, bis die Erstaufnahmelager wieder Kapazitäten zur Aufnahme und Registrierung frei haben. Der Plan sieht die Rückführung der Flüchtlinge nach den vier Wochen Amtshilfe vor.

Am Do. Vormittag (15.10.2015) wurde der Krisenstab des Katastrophenschutzes im LK EL zusammengerufen. Dieser Stab bietet den Vorteil von festen Organisationsstrukturen aller benötigten Einsatzkräfte im EL (Polizei, THW, DRK, Malteser, DLRG,…). Dort wurde ein Brainstorming gemacht, denn obwohl man sich der Flüchtlingslage in Deutschland durchaus bewusst war, hatte niemand mit einem so schnellen Handlungsbedarf für das EL gerechnet. In Absprache mit den Städten und Gemeinden des LK EL wurden Alternativen benannt und alle möglichen Unterbringungsvarianten wurden sofort in Augenschein genommen.

So wurde auch ein Großstandort geprüft, an dem alle 600 Flüchtlinge hätten unterkommen sollen – dieser wurde aber in keiner Weise den geforderten Mindestansprüchen und Richtlinien (Lüftung, Heizung, sanitäre Einrichtungen) gerecht und musste sehr schnell verworfen werden.

Es mussten innerhalb von 25 Stunden geeignete Alternativen gefunden werden, die logistisch gut zu erreichen und einzurichten sind. Diese Orte durften nicht in einer Schule oder Firma integriert sein (Turnhalle, Mensa, …) und es mussten Kapazitäten für 300 Personen vorgehalten werden. Diesen Anforderungen wurden letztendlich nur zwei kreiseigene Standorte gerecht: der Sportkomplex des Gymnasiums Georgianum mit angrenzender Mensa und die Sporthalle und Mensa der BBS in Meppen. Nur hier kann man eine strikte Trennung vom Schulbetrieb und dem Aufnahmelager unter den geforderten Rahmenbedingungen gewährleisten.

Diese Entscheidung fiel am Do. um 14.30 Uhr, ab dann wurde eine gigantische Maschinerie in Gang gesetzt. An den zwei Standorten wurde unter Hochdruck und Einsatz der betroffenen Katastropheneinsatz-Organisationen alles in die Wege geleitet, um den Flüchtlingen ein Dach über dem Kopf zu schaffen – denn dies ist zurzeit die einzige Alternative zur Obdachlosigkeit. Es wurden die Hallen komplett ausgeräumt, der Boden neu ausgelegt, Feldbetten, Abtrennungen und Decken sowie Sanitärbedarf bereitgestellt. Vor Ort werden die Flüchtlinge mit Essen versorgt und zusätzlich werden 35 Angestellte des LK EL sich den Personen annehmen und eine Bestandaufnahme machen.

Am heutigen Freitag sind 200 Personen hier in Lingen eingetroffen. Nach neusten Informationen sind dieses vorwiegend Familien mit kleinen Kindern, junge und ein paar ältere Menschen. Die Herkunft ist noch nicht bekannt. Am Sonntag werden 200 Menschen in Meppen eintreffen, am Dienstag und Mittwoch jeweils weitere 100 pro Standort.

Die Flüchtlinge werden hier vor Ort mit einem Erkennungsband am Arm versehen, damit gewährleistet ist, dass nur befugte Personen Zutritt zu den Räumlichkeiten im Sportkomplex der Schule haben.

Der LK hat sich für die bisher gut koordinierte Zusammenarbeit mit Schule, Eltern und Schülern bedankt. Es ist sehr verständlich, dass es hier Fragen und Sorgen gibt. Ausdrücklich gelobt wurde die Aktion der Schülervertretung auf Facebook.

Chronologie am Gymnasium Georgianum: 

Die Schulleitung des GG wurde am Do. Vormittag über die Lage informiert und hatte eine halbe Stunde Vorlauf bis zum Eintreffen des Teams vom Katastrophenschutz, welches die Räumlichkeiten inspiziert hat. Die Entscheidung des LK wurde der Schule sofort um 14.30 Uhr mitgeteilt und diese hat dann zuerst alle Lehrkräfte und auch die Elternvertreter über die Lage informiert. Um 7.45 Uhr heute Morgen informierte der Vertreter des LK die Lehrer im Lehrerzimmer. Die Schüler wurden danach per Durchsage von der Schulleitung über die Situation informiert. Die Lehrer haben beruhigend auf die Schüler eingewirkt. Sie hatten einen offenen Informationsaustausch, es waren alle Fragen zugelassen, die Ängste wurden aufgegriffen und ernst genommen. Es kamen bei den Kindern auch sehr emotionale Reaktionen auf.

Wie geht es weiter? 

Schüler haben für die Ferien ihre Hilfe angeboten. Sie wollen sich an der Versorgung der Flüchtlinge beteiligen. Dies ist leider nicht so einfach möglich. Hilfe kann und soll nur koordiniert ablaufen. Aus Sicherheitsgründen kann keine selbstorganisierte Hilfestellung angenommen werden. Dies gilt sowohl für Lebensmittel und sonstige Spenden, als auch für „spontane“ Arbeitseinsätze. Die Koordination läuft über SKM und DRK, bzw. das Freiwilligen-Zentrum des SKM in Lingen. Jeder, der helfen möchte, möge sich bitte hier melden. Sicherlich werden viele Freiwillige in der nächsten Zeit benötigt, denn auch die ehrenamtlichen Helfer im Katastrophenschutz müssen abgelöst werden. Allerdings gibt es für Helfer auch bestimmte Vorschriften: Helfer in der Essensausgabe benötigen ein Gesundheitszeugnis, sonstige Helfer im Bereich der Betreuung müssen eine Hepatitis-Impfung haben. Sachspenden können jederzeit beim SKM oder Reholand abgegeben werden.

Die Flüchtlinge haben jetzt erst einmal 2 Wochen Zeit sich an die neue Lebenssituation zu gewöhnen. Nach den Ferien werden dann auch wieder die Schüler an die Schule kommen. Es soll an den ersten Schultagen für eine gute Begleitung am Beginn des Tages gesorgt werden. Insbesondere die Verkehrssituation vor der Schule sowie die Parksituation (Autos und Fahrräder) wird hier gut beobachtet wer-den müssen. Der Bereich vor der Sporthalle wird dann wieder als Abstellfläche für Fahrräder frei sein. Wie die Verpflegung der Schüler in der nächsten Zeit abläuft konnte bis heute noch nicht abschließend geklärt werden. Dieses und weitere Fragen werden in der nächsten Woche geregelt und die Informa-tionen dann zeitnah weitergegeben.

Sportunterricht nach den Ferien: 

Der LK hat mit der Gesamtschule Emsland (GEL) vereinbart, dass deren Sporthalle zu 50% vom Georgianum genutzt werden kann. Die Last wird so von beiden kreiseigenen Schulen geteilt und in dieser Notsituation stehen die Schulen zusammen. Hr. Vogel steht in engem Kontakt mit der GEL. Priorität haben hier zuerst die Abitur- und Prüfungsfachkurse sowie Kurse, die von Referendaren gehalten werden, die in diesem Fach demnächst ihre Prüfung ablegen müssen. Weitere Belegungen werden von Hr. Vogel und Hr. Stehr in der nächsten Woche besprochen. Das Sportaußengelände wird routinemäßig nach den Herbstferien – über den Winter – für die Schüler gesperrt. In den Räumlichkeiten auf dem Sportplatz werden Unterkünfte für med. Notfälle oder ggf. Quarantänemaßnahmen eingerichtet und med. Untersuchungen durchgeführt.

Warum das Georgianum? 

Wie oben beschrieben ging es hier um die äußerst kurzfristige Unterbringung einer großen Gruppe von Flüchtlingen. Der Landkreis hat kreisweit Immobilien auf folgende Kriterien geprüft:

unmittelbare Verfügbarkeit, schneller Zugriff auf Immobilien im LK, sanitäre Anlagen, Möglichkeiten einer Essensausgabe, Außenflächen, Trennung von Schule/Betrieb und Unterkunft möglich, Zugangs-möglichkeiten für THW, etc.

Diese Kriterien erfüllten in der Kürze der Zeit weder die Gebrüder-Grimm-Schule (dort sind neben den letzten Jahrgängen auch Lerngruppen der BBS untergebracht), noch die Halle des Tennisvereins Grün-Weiß (keine ausreichenden sanitären Anlagen und Lüftungs-/Heizmöglichkeiten, von THW, etc. sehr schlecht zugänglich), noch die Emslandhallen.

Der Landkreis dankt der Schule für ihre Flexibilität und die reibungslose Zusammenarbeit auf allen Ebenen und bittet die Schulgemeinschaft weiterhin um Verständnis für diese Ausnahmesituation.

Ausblick und Dank 

Herr Heuer und auch wir als Vorstand des Schulelternrates wünschen uns von allen an der Schulge-meinschaft beteiligten Parteien (Lehrer, Schüler und Eltern) weiterhin einen vernünftigen Umgang miteinander. Nur so können wir gemeinsam dafür Sorge tragen, dass alle in dieser Notsituation das Beste geben.

Vielen Dank für Ihr Verständnis und die Mithilfe!

Dr. Andrea Thiel und Patricia Uchtmann (Vorsitzende Schulelternrat Gymnasium Georgianum)