Actio libera in causa oder Vollrausch? – Georgianer stellten sich kniffligen Fragen

Freiwillig und tatsächlich ohne Zwang nahmen fünf Schüler unserer Schule in den Herbstferien an der Schülerakademie im Ludwig-Windthorst-Haus (LWH) teil. Zum 13. Mal richtete die Niedersächsische Direktorenvereinigung, das LWH und die Wirtschaftsverbände aus der Region in Kooperation mit der Agentur für Arbeit diese besondere Projektwoche aus. Zusammen mit 60 weiteren Gymnasiasten aus der Grafschaft Bentheim und dem Landkreis Emsland setzten sich die Georgianer mit Themen auseinander, die in dieser Art im Schulalltag nicht vorkommen. Dazu wurden Workshops zur Rhetorik oder zur Programmierung mit JAVA ebenso angeboten wie zu Themen aus der Medizinethik oder aus dem Strafrecht. In den ersten drei Tagen vermittelten fachkundige Dozenten die notwendigen theoretischen Grundlagen, bevor es dann ab Donnerstag in den Gruppen darum ging, Präsentationen für die Abschlussveranstaltung am vergangenen Freitag (30. Oktober 2015) zu gestalten.

Den anwesenden Geschwistern und Eltern, den Lehrern und den Vertretern der Verbände wurde dabei schnell deutlich, wie komplex und anspruchsvoll die Fragestellungen in den einzelnen Workshops waren. So stellte der Workshop zum Strafrecht mit einem kleinen Schauspiel die Missetat von Käthe Schmidt dar. Diese – tief frustriert davon, dass ihr Freund sie verlassen hatte – nahm die Niederlage ihres Fußballvereins als Anlass, sich in einen Rausch zu trinken, und tötete dann mit Messerstichen ihren reichen Erbonkel, dessen Erbe sie antreten wollte. Die juristische Kernfrage in der Verhandlung drehte sich dann um die Schuldfähigkeit von Frau Schmidt. Die Verteidigung hielt den Vollrausch (§ 323a StGB) als Strafmaß für angemessen, weil die Angeklagte ja wegen des Rausches stark benommen und damit zum Tatzeitpunkt schuldunfähig war. Die Staatsanwaltschaft plädierte dagegen auf Mord (§ 211 StGB), weil sie davon ausging, dass die Täterin schon im nüchternen Zustand die Absicht hatte, ihren Onkel zu töten. Das Gericht folgte der Argumentation der Anklage und legte der Angeklagten in seiner Urteilsbegründung dar, dass Verurteilung auf ihrer Entscheidung vor der eigentlichen Tat basiere, als sie sich nämlich vorsätzlich in einen Zustand der Schuldunfähigkeit gebracht habe. Die Richter folgten damit dem Rechtsgrundsatz der actio libera in causa.

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Schülerakademie

Schulleiter Manfred Heuer beglückwünschte die Schülerinnen und den Schüler nach der Abschlussveranstaltung zu ihren gelungenen Präsentationen. v.l.: Lina Jäckering, Ricarda und Franca Singh, Jana Bruns, Thorben Enneken.

Text und Foto: Stefan Roters.