„Spaß, auch ohne die Sprache zu können“ – Schüler des Lingener Gymnasiums Georgianum organisieren Freizeitangebot für Flüchtlingskinder

Das Basteln und Malen mit den Flüchtlingskindern macht der 17-jährigen Franziska Büscher Spaß. Foto: Wilfried Roggendorf

Voneinander Lernen: Das junge Mädchen bringt einem Schüler des Georgianums das Zählen von Eins bis 20 auf Arabisch bei. Foto:

Wilfried Roggendorf

Die 17-jährige Nurhan El-Khalil (mit der Rassel) ist die einzige Schülerin des Georgianums in der Betreuung von Flüchtlingskindern, die arabisch spricht. Foto: Wilfried Roggendorf

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Georgianer und Flüchtlingskinder finden gemeinsam den richtigen Rhythmus. Foto: Wilfried Roggendorf

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Das Basteln und Malen mit den Flüchtlingskindern macht der 17-jährigen Franziska Büscher Spaß. Foto: Wilfried Roggendorf

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Diese drei Flüchtlingskinder sind beim Freizeitangebot der Schüler des Gymnasiums Georgianum konzentriert bei der Sache. Foto: Wilfried Roggendorf

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Schüler des Georgianums engagieren sich in der Betreuung von Flüchtlingskindern. Foto: Wilfried Roggendorf

Lingen. In der „Pausenhalle C“ des Gymnasiums Georgianum sind die Mal- und Bastelarbeiten in vollem Gange, während auf dem  dahinterliegenden Schulhof die Bälle fliegen und aus dem Obergeschoss der Klang von Trommeln und Rasseln erklingt. Schüler des Georgianums haben ein Freizeitangebot für Kinder von Flüchtlingen organisiert, die in der als Notunterkunft dienenden Sporthalle ihrer Schule leben.

Gemeinsam mit ihrem Lehrer Frank Kösters holen rund 30 Schüler die Kinder an der Mensa des Georgianums, die den Flüchtlingen derzeit als Speiseraum dient, ab. „Ich weiß vorher nie genau, wie viele Schüler dabei sind. Wer kommt, der kommt“, unterstreicht er die Freiwilligkeit bei der Gestaltung des Freizeitangebotes. Dies gilt auch für die Kinder: „Am vorherigen Freizeitangebot haben rund 25 Kinder teilgenommen“, sagt Kösters. Diesmal sind die Schüler eindeutig in der Überzahl. Nur etwa ein gutes Dutzend Kinder nimmt das Angebot wahr.

Doch diese Jungen und Mädchen sind sehr spontan. Schnell nehmen sie an einem Tisch in der Pausenhalle Platz, auf dem Mal- und Bastelutensilien bereitliegen. Andere Kinder interessieren sich mehr für die Fuß- und Tennisbälle, mit denen einige Schüler in der Pausenhalle spielen, und folgen ihnen schnell auf den Schulhof. Die Rasseln zeigen ebenfalls Wirkung: Auch ohne sich sprachlich verständigen zu können, folgen einige Kinder den rasselnden Schülern in den Musikraum im Obergeschoss.

Zunächst etwas schüchtern wirken hingegen die Schülerinnen, die rund um den Mal- und Basteltisch stehen. Doch dann ergreifen  einige Georgianerinnen die Initiative. Ein zweiter Tisch wird hinzugestellt, und schnell bildet sich eine muntere gemischte Runde. Die Kleinsten der Flüchtlingskinder konzentrieren sich auf das Malen und Basteln. Franziska Büscher ist eine der Schülerinnen, die dabei unterstützen. Kann das ohne Sprachkenntnisse funktionieren? „Klar geht das“, sagt Büscher. „Das läuft mit Gestik und Mimik. Wenn die einen grünen Buntstift haben wollen, zeigen sie irgendwo auf die Farbe und dann auf einen Stift“, erklärt die 17-Jährige. Diese Beschäftigung biete den Kindern eine willkommene Abwechslung vom tristen Leben in der Sporthalle.

Derweil unterhalten sich ein Schüler und ein Mädchen, das etwas Englisch spricht. Und es ist nicht nur das junge Flüchtlingsmädchen, das etwas lernt. Nachdem sie die Zahlen von eins bis 20 auf Deutsch kennt, bringt das Kind auch dem Georgianer etwas bei: Als älterer Schüler kann er jetzt auf Arabisch bis 20 zählen. Die Georgianer, die das Freizeitangebot organisieren, kommen aus den Jahrgangsstufen zehn bis zwölf.

Nicht nur das kleine Einmaleins auf Arabisch wäre für Nurhan El-Khalil kein Problem. Die 17-Jährige aus der Jahrgangsstufe 12 des Georgianums beherrscht die Sprache perfekt. Doch sie hört den Flüchtlingskindern lieber zu, als nur dauernd zu übersetzen. „Wenn die Kinder unter sich gesprochen haben, war herauszuhören, dass ihnen das Ganze sehr viel Spaß macht und sie das wieder machen wollen.“ Sie glaubt, dass die Jungen und Mädchen ein solches Angebot brauchen. Und dann sagt Nurhan etwas, dass das Freizeitangebot der Georgianer für Flüchtlingskinder nicht besser beschreiben könnte: „Du musst die Sprache nicht können, um miteinander Spaß zu haben.“

Als Lehrer Kösters, wie geplant, das Freizeitangebot nach einer Stunde beendet, fließen ein paar kleine Tränen. Es ist den Kindern anzusehen, dass sie gerne weiter gespielt, gebastelt und musiziert hätten. Zumindest bei einem der kleinen Flüchtlinge, der von seiner Mutter abgeholt wird, weichen die Tränen schnell einem Lächeln: Franziska drückt dem Jungen die gemeinsam gebastelte und gemalte Collage in die Hand. Wer von beiden sich in diesem Moment mehr freut, ist nicht zu erkennen. Der Junge und die Schülerin freuen sich einfach nur über einen gelungenen Nachmittag.

Lingener Tagespost vom 14.12.2015